Gedanken zum Abschied ...

Erstellt am 22.01.2024

Zum 1. Feb 2024 werde ich in den Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg wechseln und dort als Krankenhaus-Seelsorger im Klinikum Lüdenscheid-Hellersen meinen Dienst beginnen.

Daher möchte ich an dieser Stelle ein paar Gedanken teilen, die mir wichtig geworden sind in den vergangenen Jahren. Noch nie habe ich so lange an ein und demselben Ort gelebt, wie hier am Roden an der Lösseler Straße: Von Zuhause bin ich mit 19 Jahren ausgezogen, dann folgten eher kurze Etappen von jeweils 2-4 Jahren in Bethel, Tübingen und Steinhagen. Hier am Roden würden in einigen Wochen 20 Jahre voll. Davor 5 Jahre Iserlohn. Unsere drei Kinder haben den größten Teil ihrer Kindheit und ihre ganze Jugend hier gelebt. Meine Frau und ich sind hier „heimisch“ geworden, obwohl wir beide ganz woanders herkommen: aus Bad Oeynhausen in Ostwestfalen. Auch wenn wir „Zugezogene“ waren und ja irgendwie auch geblieben sind, verbindet uns doch so viel mit den Menschen hier und diesem Ort, der uns für lange Zeit zu einem „Zuhause“ geworden ist. Nach 20 Jahren Christus-Kirchengemeinde ist nun bald ein neuer Lebensabschnitt dran.

Mein erstes Gefühl ist eine tiefe Dankbarkeit und Verbundenheit. Ich durfte so viele Menschen kennenlernen und punktuell oder über einen längeren Zeitraum begleiten. Die Begegnungen und Gespräche bedeuten mir viel. DANKE für alle Offenheit und alles Vertrauen, das Sie mir entgegengebracht haben! Zum Beruf eines Pastors gehört das Privileg, Menschen in sehr schönen, aber auch in sehr schweren Lebenssituationen zu begegnen und sie ein Stück begleiten zu dürfen. Das habe ich mit viel Freude getan.  Ein besonderes Anliegen war mir ein gutes Zusammenarbeiten in Teams. Ich finde es großartig, dabei entdecken zu können, wie viel möglich ist, wenn verschiedene Menschen an einem Strang ziehen. Als echten Schatz meines Dienstes als Pfarrer habe ich das Gestalten und Mitfeiern unzähliger Gottesdienste in teils unterschiedlichen Formaten empfunden. Die Gegenwart Gottes in Gemeinschaft zu erfahren und zu feiern, war für mich oft beglückend und stärkend. Sehr dankbar bin ich für das gute Miteinander mit den Musikern, Küsterinnen, Prädikanten und allen, die sich als Lektoren oder in anderer Weise ehrenamtlich bei Gottesdiensten engagiert haben.

Zum Beruf eines Pastors gehören zuweilen auch lange Sitzungen, Ausschüsse und Diskussionen, die nicht immer schön sind. Und jede Menge Schreibtischarbeit, die man auf den ersten Blick nicht vermutet… Wie sagte meine Oma immer: „Genieße, was dir Gott beschieden, entbehre gern, was du nicht hast. Ein jeder Stand hat seinen Frieden, ein jeder Stand hat seine Last.“ – Wie wahr!  

Ich sage DANKE für die vielen offenen Türen, die ich in den Jahren hier erleben durfte! DANKE für so viel ehrenamtliches Engagement und Mitwirken von vielen! DANKE für manches ehrliche und kritische Wort, das mir mit Respekt gesagt wurde! DANKE für manche Ermutigung und ein offenes Ohr im richtigen Moment! DANKE auch für manche Anerkennung und Unterstützung – in Wort und Tat und im Gebet! DANKE für alle Verbundenheit, Freundschaft und gelebte Weggemeinschaft! DANKE für die vertrauensvolle Kollegialität und das Miteinander unter allen Haupt- und Ehrenamtlichen! 

Ja, es ist mir vieles hier und sind mir viele Menschen ans Herz gewachsen und ich ahne schon jetzt, was ich am neuen Ort vermissen werde. Das ist wohl eine Seite des Abschieds, die mit dazu gehört. Aber ich freue mich auch auf das Neue, noch Unbekannte, auf neue Herausforderungen, Chancen und Begegnungen.

Und vielleicht geht es manchen von Ihnen ähnlich: Man weiß noch nicht genau, wie es weitergehen wird in der Christus-Kirchengemeinde, mit den Nachbargemeinden, mit der Kirche insgesamt und auf dem eigenen Lebensweg. Aber eines dürfen wir ganz sicher wissen: Jesus Christus wird auch weiter der Herr seiner Gemeinde und seiner Kirche sein, er wird erfahrbar und wahrnehmbar sein in der Gemeinschaft und für Einzelne. Er ist Salz und Licht und beruft alle, die dazu gehören, dies auch zu sein. Für unsere Gesellschaft sind Christen wie das Salz in der Suppe – ohne sie wäre vieles fade und geschmacklos und ohne sie würde es an vielen Stellen an Licht und Hoffnung fehlen! Wie gut, dass wir vor Ort auch ein gutes ökumenisches Miteinander leben und erleben, zum Beispiel beim Wintercafé und bei anderen Gelegenheiten.  

 

„Versuch nicht, wie die Anderen zu sein, denn Andere gibt es schon genug.“

Ich weiß nicht, von wem dieser Satz stammt, aber ich habe ihn mir vor Jahren einmal aufgeschrieben. Er ist mir wichtig geworden, weil er mich daran erinnert: Ich darf Ich sein, einmalig und doch einer unter Vielen, begabt und begrenzt, wertvoll und zugleich unvollkommen, geliebt und gewürdigt, da zu sein.

Und ich darf sein, der ich geworden bin und wie ich geworden bin – mit meiner ganz eigenen Geschichte. Ich darf weiter wachsen, mich entwickeln, wie ein Baum, der sich im Laufe der Jahre verändert, der mit seinen Wurzeln tief in der Erde gegründet ist; dessen Äste wachsen, der Früchte und Blätter trägt, der auch abgebrochene oder abgestorbene Äste hat, der den Lauf der unterschiedlichen Jahreszeiten kennt. Im Boden der Liebe Gottes gegründet zu sein, gibt uns Halt – auch in stürmischen Zeiten.

Ich darf mich ausprobieren, Neues wagen, darf Fehler machen, kenne Gelingen und Versagen, Mut und Scheitern, Freude und Trauer, Lebenskraft und Erschöpfung, Gewissheit und Zweifel, Geborgenheit und Angst. Und in alledem die Erfahrung: Da ist einer, der mich trägt. Da ist einer, der mich sieht. Da ist einer, der treu an meiner Seite bleibt. Da ist einer, der mir und allen, die auf ihn sehen, Zukunft und Hoffnung gibt. Einer, der nicht aufhört, uns zu lieben. Gott sei Dank!

Von diesen Erfahrungen zehre ich: Sie sind mir Wegzehrung geworden für meinen Weg. Ich wünsche Ihnen und Euch je eigene Erfahrungen, die zur Wegzehrung werden, zum Proviant auf dem Pilgerweg durchs eigene Leben. Wie wunderbar, dass Gott jeden Menschen in seiner Eigenart sieht und wertschätzt! Ich wünsche Ihnen und Euch von Herzen Vertrauen in Gott und ein fröhliches und zuversichtliches „Ja“ zum eigenen Weg durchs Leben – mit den Lasten und Freuden, mit dem Unerfüllten und allem Erfüllenden, was sich darin zeigt.  

Mit einem herzlichen „Gott befohlen“ sage ich DANKE und tschüss…

Ihr und Euer:  Volker Horst